Das Leben von Paul Gerhardt
Gräfenhainichen 1607-1622
Fürstenschule in Grimma 1622-1627
Theologiestudium in Wittenberg 1628-1642
Hauslehrer in Berlin 1643-1651
Probst in Mittenwalde 1651-1657
2. Diakon an St. Nikolai in Berlin 1657-1669
Archidiakon an der Lübbener Hauptkirche 1669-1676
Berliner Freunde von Paul Gerhardt hatten von einer wiederzubesetzenden Pfarrstelle im sächsischen Lübben erfahren und machten den Magistrat der Stadt auf Paul Gerhardt aufmerksam.
Am 14 Oktober 1668 hielt er in Lübben eine Gastpredigt. Der Lübbener Magistrat berief ihn daraufhin zum Archidiakon an die Hauptkirche. Bis zu seinem endgültigen Umzug nach Lübben reiste er jeweils zu den Festtagen zum Predigtdienst nach Lübben.
Erst am 6. Juni 1669 wurde er offiziell in sein Amt eingeführt. Mit seinem Sohn Paul Friedrich, seiner Schwägerin Sabina Fromm und dessen Sohn Andreas bezog er das Diakonatshaus in der Kirchstraße. Es ist nicht bekannt, ob Paul Gerhardt in Lübben Lieder gedichtet hat. Von ihm ist eine Beerdigungspredigt erhalten, die damals gedruckt worden ist.
Sein Kontakt zum Lübbener Magistrat war durch einige „Singularitäten“ (Eigenwilligkeiten) von Paul Gerhardt gestört. Der Magistrat wurde ungeduldig, da Paul Gerhardt mit seiner Amtsübernahme in Lübben auf sich warten ließ. Der verspätete Amtseintritt war aber auch zum Teil auf Versäumnisse der Stadt zurückzuführen. Sie hatten ihm unzureichenden Wohnraum angeboten, der außerdem im desolaten Zustand war. Die Instandsetzung seiner Wohnung ging nur langsam voran.
Anlass zur Beschwerde über Paul Gerhardt gab es, als er bei Amtshandlungen nicht wie üblich ein Priesterkäppi trug, sondern eine Perücke. Das erschien den Lübbenern zu weltlich. Auch verboten sie ihm, sich Bier von Torgau zu besorgen.
Die Stadt pochte auf ihr Bierbrauprivileg. Dieses Sonderrecht verbot die Einfuhr von Bier. Einen weiteren Anstoß gab es, als er die „Mittwochspredigten“ vor den Feiertagen ausfallen ließ. Daraufhin beschwerten sich die Stadtväter sogar beim Landesherren, Christian von Sachsen-Merseburg.
Kurz vor seinem Tod verfasste Paul Gerhardt ein Testament an seinen Sohn Paul Friedrich. Es ist ein ungewöhnliches Testament, denn es geht darin um Verhaltens-Empfehlungen. Paul Friedrich Gerhardt überließ später dieses Testament dem Superintendenten Feustking in Zerbst samt allen Liedtexten seines Vaters. In einem Gesangbuch wurden die Lieder Paul Gerhardts durch Feustking veröffentlicht und das Testament innerhalb des Vorworts gedruckt. So konnte es uns überliefert werden.
Paul Gerhardt starb am 27. Mai 1676 und wurde am 7. Juni im Altarraum der Lübbener Hauptkirche beigesetzt. Die Stelle ist jedoch nicht bekannt.
Die Stadt Lübben ehrte Paul Gerhardt 1907 anlässlich seines 300. Geburtstages mit der Aufstellung eines Denkmals vor der Kirche. Auch die Umbenennung der Lübbener Hauptkirche 1931 in „Paul-Gerhardt-Kirche“, die davor umfangreich renoviert worden war, ist eine weitere Würdigung des Liederdichters durch die Lübbener
Der 400. Geburtstag Paul Gerhardts im Jahr 2007 war Anlass zu einer umfassenden Innen- und Außensanierung der Kirche und der Gestaltung des Kirchenumfeldes.
Lübben trägt seit dem Jubiläumjahr 2007 den Zusatz „Paul-Gerhardt-Stadt“.