Gottesdienst mit Liedpredigt zum Gedenken an die Beisetzung Paul Gerhardts am 7.6.1676

Gottesdienst mit Liedpredigt zum Gedenken an die Beisetzung Paul Gerhardts am 7.6.1676 in der Paul-Gerhardt-Kirche in Lübben (Spreewald)
zum Lied Paul Gerhardts
„Sollt ich meinem Gott nicht singen?“

Predigt: Peter Freybe, Pfarrer i.R. , Berlin

Predigttext und Liedtext unter: weitere Infos

Singen an Gräbern ? oder: Sollt ich meinem Gott nicht singen?
Peter Freybe Berlin

Liebe Gemeinde hier in der Paul-Gerhardt-Kirche in Lübben!
Es ist das Lied von der Liebe, es ist das Lied von der Ewigkeit, es ist das Lied von der ewigen Liebe Gottes, das wir heute hier am Grab Paul Gerhardts hören und singen wollen:
?Sollt ich meinem Gott nicht singen, sollt ich ihm nicht dankbar sein??
Und dann geht es gleich weiter:?denn ich seh in a l l e n Dingen, wie so gut er?s mit mir meint!? Wirklich, Paul, in a l l e n Dingen siehst du Gottes Güte, in Freud und Leid, in Not und Tod, im Leben und im Sterben?
?Singen an Gräbern ? oder: Sollt ich meinem Gott nicht singen??,
das möchte ich heute mit Ihnen buchstabieren.
In der Schule habe ich gelernt, man fängt keinen Brief mit ICH an ? das DU, der Andere ist jetzt wichtig. Im Studium habe ich gelernt, auf die Kanzel gehört kein Ich des Predigers ? hier gebührt Gott, dem ganz Anderen, allein die Ehre. Ich möchte es heute mit Paul Gerhardt halten und gleich zu Anfang sagen und singen: ?Sollt ich meinem Gott nicht singen? Sollt ich ihm nicht dankbar sein? Denn ich seh in allen Dingen, wie so gut er?s mit mir meint?! Und deshalb möchte ich Ihnen gern kurz sagen, wer i c h denn bin:
Ich bin vor 67 Jahren in der Paul-Gerhardt-Stadt Mittenwalde geboren und bin gleich darauf dort in der Kirche getauft worden. Und mein Vater, der dort wie Paul Gerhardt seine 1.Pfarrstelle (in den bewegten Zeiten von 1931-1943) hatte, hat mir dort in Paul Gerhardts Kirche gleich zu allem Anfang meinen Taufspruch auf den Kopf zugesagt: ?Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!? Und dann bin ich hier in der Paul-Gerhardt-Stadt Lübben im Spreewald groß geworden ? in der PG-Straße und der PG-Schule und der PG-Kirche. In Lübben liegen unser Vater und unsere Mütter nun wie Paul Gerhardt begraben. In den letzten 16 Jahren habe ich in Lutherstadt Wittenberg gelebt und dort in der alten Universität, dem heutigen Predigerseminar, gewohnt, wo Paul Gerhardt auf Luthers Grund und Boden seine Theologie studiert hat. Ja, ich bin wirklich mit Paul Gerhardt groß geworden! Und deshalb bin ich so gern heute hier mit Ihnen zum Paul-Gerhardt-Gedenken, um mit Ihnen zu denken und zu danken: ?Sollt ich meinem Gott nicht singen? Sollt ich ihm nicht dankbar sein?!? So lassen Sie uns also gemeinsam einstimmen und zunächst die Verse
325, 1-4 singen.

?Du meine Seele singe!? ? ?Auf, auf, mein Herz mit Freuden!? – ?Geh aus, mein Herz, und suche Freud!? – ?Sollt ich meinem Gott nicht singen?! ? Schwestern und Brüder, was treibt Paul Gerhardt dazu, sich selbst so zu ermuntern, sich selbst so zu motivieren, sich selbst so froh werden zu lassen ? zum Lobe Gottes? Es sind ja nun keine reinen Erlebnislieder ? aber mit diesen Liedern kannst Du leben! Es ist ja nun nicht reine Biografie von Freud und Leid im Leben eines Pfarrers. Aber es ist gelebtes Leben, geglaubtes Leben, erhofftes Leben ? das hier singt. Gesungener Glaube!
Und ich möchte Sie auch am Taufstein dieser Kirche daran erinnern: Die Taufe ist die neue Schöpfung, die Befreiung zum Leben, die Freude am Gotteslob für alle getauften Christenmenschen ? für mich und für uns alle!
(Ich predige nicht mehr so oft ? aber ich gehe je länger je lieber zum Gottesdienst, um mit anderen, heute mit Ihnen zu singen!) Ja, so werden Lieder zur Heimat in der Fremde. So lebt und wohnt die christliche Gemeinde in ihren Liedern.
Und dieses Singen mit anderen ? zum Lobe Gottes habe ich von Anfang an und immer wieder besonders an Gräbern gelernt und geübt. ?Weicht, ihr Trauergeister, denn mein Freudenmeister, Jesus, tritt herein. Denen, die Gott lieben, muss auch ihr Betrüben, lauter Freude sein?.(Sie kennen vielleicht diese wunderschöne Motette mit der Vertonung von Johann Sebastian Bach.) – ?Lasst die Toten ihre Toten begraben??, hatte Jesus einmal etwas harsch zu den Seinen gesagt. Liebe Freunde, weil wir auch in unserer Trauer nicht ?tot? sind, sondern Gottes ewiges Leben vor Augen haben, deshalb singen wir an den Gräbern unserer Lieben. Ja, das ist es, was mich zum Christen gemacht hat ? das Singen an Gräbern. Und ich habe bei meiner Konfirmation hier unten über Paul Gerhardts Grab mein erstes Abendmahl bekommen ? es ist mir unvergesslich ? ?Sein Sohn ist ihm nicht zu teuer, nein, er gibt ihn für mich hin.? (V.3)
Im Januar 1946 habe ich das erste Mal an einem Sarg gestanden (Großvater Freybe war verhungert. Auch wir waren auf der ?Flucht?). Mein Vater hat seinen Vater beerdigt ? und dabei hat er mit uns und wir alle zusammen gesungen: ?Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren?!
Am Grab – so etwas singen?
Später als Studenten haben wir darüber diskutiert, ob man nach Auschwitz und nach diesem fruchtbaren Krieg überhaupt noch so etwas singen könnte: ?Lobe den Herren!?. Gott sei Dank, ich habe es so früh erlebt ? dass es zum größten Schatz der Kirche gehört ? unsere Lieder und, dass wir an den Gräbern und auf den Friedhöfen singen. Oder wenn die Posaunen am Ostermorgen früh auf dem Friedhof ihre Choräle blasen!

Vor 1 Jahr war ich in Rom. Für mich sind das bleibende Erlebnis dort die Katakomben. Also die km-langen Gräben unter der Erde mit den 1000 en Gräbern und Grabkammern. Dort haben die ersten Christen ihre Lieben zu Grabe getragen und ihre Gottesdienste gefeiert. Und ganz sicher haben sie dort gesungen und immer wieder gesungen. Und dann die Bilder dort, die Fresken an den Wänden ? Hoffnungsbilder, die mitgehen und die bleiben:
Die 3 Männer im Feuerofen (bei Daniel) werden bei lebendigem Leibe verbrannt ? und der Engel des Herrn tritt dazwischen und errettet sie vom Tode. Oder: der große Fisch spuckt den Jona an Land. Hatte der schon im dunklen Bauch des Fisches seine Psalmen gesungen ? nun wird er errettet und wird wieder über Land gehen und den Gott des Lebens predigen. Und immer wieder: Jesus erweckt den toten Lazarus zu neuem Leben mit seinen Schwestern und Brüdern. Und, das Bild, dass uns allen längst vertraut ist, sehe ich dort am meisten: Jesus, der gute Hirte, der mit den verirrten und verwirrten Seelen (den Schafen) auf dem Rücken (auf seinem Kreuz).
?Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück ? denn DU bist bei mir!? Was für ein Vertrauen im Leben und im Sterben! Was für ein Trost an so vielen Gräbern!
Und dieses Vertrauen und dieser Trost können so groß sein, liebe Schwestern und Brüder, weil unser Gott so groß ist. Paul Gerhardt besingt, wir haben es eben in den Versen 2-4 gesungen, den ewigen drei mal einen Gott in seiner ganzen Fülle: Gott, der mich im Mutterleib zu einem unverwechselbaren einmaligen Menschen gemacht hat und werden lässt; Gott, der seinen einzigen und einzigartigen Sohn für uns alle hingibt; und Gott, der gute heilige Geist, der mich stille werden lässt, wenn Not und Tod mir böse Angst machen wollen. Da darf dann sogar die gewendete Klage laut werden im Gotteslob der Klagelieder :?Die Güte des Herrn ist?s, dass wir nicht gar aus sind. Seine Barmherzigkeit hat kein Ende.? (3,22)
So singen wir weiter V.5-7.

Ja, das ist es, was Paul Gerhardt in Wittenberg von Martin Luther singen und sagen gelernt hat: Leib und Seele ? Himmel und Erde ? Tag und Nacht, wie Vater und Mutter ist unser Gott bedacht auf uns und sorgt sich um uns. ?Und das alles aus lauter väterlicher, göttlicher Güte und Barmherzigkeit; ohn all mein Verdienst und Würdigkeit: für all das ich ihm zu danken und zu loben und dafür zu dienen und gehorsam zu sein schuldig bin.? (Kl.Katechismus)
Liebe Schwestern und Brüder ? ?wenn ich schlafe, wacht sein Sorgen? ? schöner geht das nicht! Und, in guten Tagen können wir das auch gut singen. Aber (V.8), ?seine Strafen, seine Schläge?, wenn es ganz bitter und böse um uns wird ? was dann? (Sie wissen von den bitteren Tagen bei Paul Gerhardt: So früh schon beide Eltern verloren ? von 5 Kindern 4 verloren ? dann ist seine Frau gestorben ? und in allem die Notzeiten des 30jährigen Krieges; und die Pest; eine Klimakatastrophe gab es damals auch, eine ?kleine Eiszeit? hat die Ernten vernichtet ? und was dann noch übrig geblieben ist, haben die marodierenden Soldaten in Schutt und Asche gelegt; in Berlin war von der Bevölkerung nur noch die Hälfte am Leben ?)
Und dann singt er von seinem Freund, von Gott, in allem und trotz allem!?
?Denn ich seh in a l l e n Dingen, wie so gut er?s mit mir meint??
Als wir unseren Jüngsten verloren hatten, war er zunächst in einer kahlen Friedhofskapelle aufgebahrt ? tot, kahl, leer. Hier fehlt was, kam es über mich. Und ich ließ den Kruzifixus aus der nahen Kirche holen und sie stellten ihn auf den Tisch neben dem Sarg. Und nun war keiner mehr allein. Friedrich war nicht mehr allein ? und Jesus war nicht mehr allein. Beide sind sie in Gottes freundliche Hände gefallen. Und beide sind sie und bleiben sie in Gottes Hand gut aufgehoben. Ja, ?Gottes Lieb in Ewigkeit?!
Und wir haben gesungen am Sarg und vor dem Kruzifix. Und weil es Weihnachten war, haben wir gesungen: ?Noch manche Nacht wird fallen auf Menschenleid und ?schuld. Doch wandert nun mit allen der Stern der Gotteshuld. Beglänzt von seinem Lichte, hält euch kein Dunkel mehr, von Gottes Angesichte kam euch die Rettung her.?
Singen an Sarg und Grab. Singen auf Erden und im Himmel.
In einem neuen Liedbuch zum PG-Gedenken gibt es schöne Bilder zu den Liedern. Zu einem der Kindertotenlieder von Paul Gerhardt sehen wir: Vor einem ausgehobenen Grab lehnt ein Spaten an einer Kinderwiege. Das Lied heißt: ?Mein herzer Vater, weint ihr noch?? Es beschreibt, wie ein früh verstorbenes Kind über 9 Strophen lang seinen weinenden Eltern aus Himmelshöhen zusingt, wie gut es ihm bei Gott geht!

Schwestern und Brüder, als ich noch mit Paul Gerhardt gestritten habe, konnte ich Menschen verstehen, die vieles in seinen Liedern als ?billige? Ver-tröstung abgestoßen hat. ??also wird auch nach der Pein, wer?s erwarten kann, erfreuet?. (V.9) Und wer so schwer unter seiner Krankheit oder Aussichtslosigkeit leidet, dass er oder sie nicht mehr warten kann und will? Ein klein wenig besser habe ich warten gelernt. Seitdem ich glaube und weiß, dass meine Toten in Gottes Hand gut aufgehoben sind, wie in ?Abrahams Schoss?! (Sonntagsevangelium Luc 16) ? und dass er mich auch aufheben und aufnehmen wird ? in seiner großen Gnade und Liebe ? und dich auch!, seitdem kann ich mich auch besser daran freuen, was Gott mir jetzt an all dem Schönen und Guten seiner Schöpfung Tag und Nacht schon heute schenkt. Und wie freue ich mich wieder auf diesen Sommer! ??wo ich nur mein Aug hinkehre, find ich, was mich nährt und hält: Tier und Kräuter und Getreide; in den Gründen, in der Höh, in den Büschen, in der See, überall ist meine Weide.? (V.6)
Was für eine Freude in dieser Zeit ? im Morgenglanz der Ewigkeit!
Geborgen im Dunkel der Nacht ? getrost in mancher Ausweglosigkeit ? mutiger mitten in der Angst ? dankbar in der Freude ? und in guter Hoffnung angesichts des Todes!
?Wenn der Winter ausgeschneiet, tritt der schöne Sommer ein?! (V.9)

Liebe Schwestern und Brüder, wir können zum Ende kommen ?
s o können wir zum Ende kommen. Weil es in Gottes Liebe kein Ende gibt! ?Ei so hebe ich meine Hände zu dir, Vater, als dein Kind; bitte, bitte, wollst mir Gnade geben, dich aus aller meiner Macht zu umfangen Tag und Nacht hier in meinem ganzen Leben, bis ich dich nach dieser Zeit lob und lieb in Ewigkeit.? (V.10)
Ja, alles hat seine Zeit: Jetzt ist Zeit zum Bitten und zum Danken und zum Loben ? die große Liebe Gottes aber bleibt in Ewigkeit – und schenkt ihr Licht hinein in unsere Tage!
Und so schließe ich mit dem Wort des Apostels Paulus, das uns ja als Refrain schon durch dieses ganze Lied begleitet hat (Röm 8,38f.):
?Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur kann uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Jesus Christus ist, unserm Herrn.?
?Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit.? Amen
Wir singen: V. 8 ? 10

Gebet
Du, unser Gott ? am Morgen dieses Tages kommen wir zu dir. Wir erleben, wie du uns am Herzen liegst. Wir staunen, dass du alle Morgen neu deine Sonne scheinen lässt über Böse und Gute. Wir sind froh, dass wir am Anfang dieses Tages unsere Taten und unsere Un-Taten in deine Hände legen können.
Wir vertrauen dir und singen dir unseren Lobgesang:
?Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit.?

Du unser Gott ? am Morgen einer neuen Woche hoffen wir auf deine Gnade. So bitten wir dich heute für alle Menschen, die einsam geworden sind und müde zum Leben. Wir bitten dich für die Menschen, die unter ihrer Unzulänglichkeit leiden und sich mit Schuld quälen. Wir bitten dich für die jungen Menschen, die sich verirrt haben, weil sie für sich keine Zukunft sehen und kein Leben. Hilf uns, anderen zu helfen, wo wir nur können. Dass wir alle etwas von erfülltem Leben erfahren.
Wir vertrauen dir und singen dir unseren Lobgesang:
?Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit.?

Du, unser Gott ? mit Blick auf den Morgen deiner Ewigkeit bitten wir um deine Zukunft. Unsere Welt kann sich selber vernichten. Das alltägliche Wetter ist durch unsere Schuld zu einer Überlebensfrage der Menschheit geworden. Wir bitten dich für uns und für alle, die besondere politische

Verantwortung tragen: Hilf du zur Klarheit der Vernunft, zur Kraft der Entscheidung, zum Mut des Glaubens und zur Freude an der Liebe.
Lass den Glanz deiner Ewigkeit über uns scheinen in unsere irdischen Tage hinein, dass uns ein Licht aufgeht ? jeden Morgen neu.
Wir vertrauen dir und singen dir unseren Lobgesang:
?Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit.?

Lied:

1.Sollt ich meinem Gott nicht singen? Sollt ich ihm nicht dankbar sein? Denn ich seh in allen Dingen, wie so gut er´s mit mir mein. Ist´s doch nichts als lauter Lieben, das sein treues Herze regt, das ohn Ende hebt und trägt, die in seinem Dienste sich üben. Alles Ding währt sein Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit.

2.Wie ein Adler sein Gefieder / über seine Jungen streckt, also hat auch hin und wieder / mich des Höchsten Arm be­deckt, alsobald im Mutterleibe, da er mir mein Wesen gab und das Leben, das ich hab / und noch diese Stunde treibe. Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit.

3.Sein Sohn ist ihm nicht zu teuer, nein, er gibt ihn für mich hin, dass er mich vom ewgen Feuer / durch sein teures Blut gewinn. O du unergründter Brunnen, wie will doch mein schwacher Geist, ob er sich gleich hoch be­fleißt, deine Tief ergründen können? Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit.

4.Seinen Geist, den edlen Führer, gibt er mir in seinem Wort, dass er werde mein Regierer / durch die Welt zur Himmelspfort; dass er mir mein Herz erfülle / mit dem hellen Glaubenslicht, das des Todes Macht zerbricht / und die Hölle selbst macht stille. Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit.

5.Meiner Seele Wohlergehen / hat er ja recht wohl be­dacht; will dem Leibe Not entstehen, nimmt er?s gleich­falls wohl in Acht. Wenn mein Können, mein Vermögen nichts vermag, nichts helfen kann, kommt mein Gott und hebt mir an / sein Vermögen beizulegen. Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit.

6.Himmel, Erd und ihre Heere / hat er mir zum Dienst be­stellt; wo ich nur mein Äug hinkehre, find ich, was mich nährt und hält: Tier und Kräuter und Getreide; in den Gründen, in der Höh, in den Büschen, in der See, überall ist meine Weide. Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit.

7.Wenn ich schlafe, wacht sein Sorgen / und ermuntert mein Gemüt, dass ich alle liebe Morgen / schaue neue Lieb und Gut. Wäre mein Gott nicht gewesen, hätte mich sein Angesicht / nicht geleitet, war ich nicht / aus so mancher Angst genesen. Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit.

8.Wie ein Vater seinem Kinde / sein Herz niemals ganz entzeucht, ob es gleich bisweilen Sünde / tut und aus den Bahnen weicht, also hält auch mein Verbrechen / mir mein frommer Gott zugut, will mein Fehlen mit der Rut / und nicht mit dem Schwerte rächen. Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit.

9.Seine Strafen, seine Schläge, ob sie mir gleich bitter seind, dennoch, wenn ich?s recht erwäge, sind es Zeichen, dass mein Freund, der mich liebet, mein gedenke / und mich von der schnöden Welt, die uns hart gefangen hält, durch das Kreuze zu ihm lenke. Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit.

10.Das weiß ich fürwahr und lasse / mir?s nicht aus dem Sinne gehn: Christenkreuz hat seine Maße / und muss end­lich stille stehn. Wenn der Winter ausgeschneiet, tritt der schöne Sommer ein; also wird auch nach der Pein, wer?s erwarten kann, erfreuet. Alles Ding währt seine Zeit, Got­tes Lieb in Ewigkeit.

11.Weil denn weder Ziel noch Ende / sich in Gottes Liebe findt, ei so heb ich meine Hände / zu dir, Vater, als dein Kind, bitte, wollst mir Gnade geben, dich aus aller meiner Macht / zu umfangen Tag und Nacht / hier in meinem gan­zen Leben, bis ich dich nach dieser Zeit / lob und lieb in Ewigkeit.