10.00 Uhr Paul-Gerhardt-Kirche Lübben(Spreewald)
Gottesdienst mit Teilnahme der Europäischen Nachtwächter und Türmer, die sich aus Anlass ihres Jahrestreffens in Lübben(Spreewald) versammelt hatten.
die Predigt hielt Pfarrer Olaf Beier
Predigttext unter: weitere Infos
Predigt im Festgottesdienst mit den Nachwächtern und Türmern am Sonntag Exaudi, 20.Mai 2007 in der Paul-Gerhardt-Kirche Lübben
Gott schenke uns, Gott segne sein Wort an uns. Amen
Liebe Festgemeinde,
Licht aus ? Lampe an.
Nein, ganz wörtlich ist das von mir nicht gemeint, wenn ich mit dem Gruß der Nachtwächter die Predigt beginne. Ich sehe dann auch – mit einem Schmunzeln – die Gefahr, dass nach den Anstrengungen der vergangenen Tage, den vielen schönen Erlebnissen, die Müdigkeit einige von uns mitreißt, würde es um uns herum nun dunkel werden.
Licht aus ? das erinnert mich an ein Spiel aus Kindertagen: Blinde Kuh.
Ein Schal um die Augen und schon war nur noch Dunkelheit um mich herum. Plötzlich ist alles anders, die vertraute Umgebung ist fremd, ich habe Angst mich zu stoßen und alle Bewegungen sind ganz langsam und behutsam. Wo geht?s lang, das muss ich tastend erkunden.
Nach einigen Minuten ist das Spiel vorbei und die Augen sehen wieder. Ich atme auf und der nächste Gedanke ist: nur gut, dass es hell ist und ich sehen kann.
Aber was nützt das Sehen der Augen, wenn es dunkel ist und uns kein Licht den Weg weist?
Das ist uns Menschen im Zeitalter des künstlichen Lichtes fremd geworden, purer Dunkelheit zu begegnen. Irgendwo leuchtet immer ein Licht, der Schalter an der Wand ist greifbar nahe und schon erstrahlt das Licht und macht es hell, ob es Tag ist oder Nacht.
In den vergangenen Jahrhunderten gab es diesen Luxus nicht. In der Nacht war es dunkel, der Rhythmus des Lebens wurde deutlicher bestimmt durch Tag und Nacht, Hell und Dunkel.
Die Nacht war dunkel und gefährlich, nichts sehen zu können ist für den Menschen immer mit Gefahr verbunden.
Die Aufgabe der Nachtwächter und Türmer war ein Wächteramt für die Menschen der Stadt und des Dorfes. Der Nachtwächter und Türmer gab mit seiner Aufmerksamkeit und seinen Kenntnissen Sicherheit. Er war so etwas wie der Behüter des Schlafes.
Die Erinnerung daran wird durch ihre Traditionspflege, liebe Nachwächter und Türmer, wachgehalten. Dass es diesen Dienst am Nächsten gab und er viel Schaden verhindert hat.
Die Nachtwächter von Heute tun ihren Dienst. Dass wir ruhig schlafen können verdanken wir dem Vertrauen in die Dienste von Feuerwehr, Polizei, Bereitschaftsdienst im Krankenhaus, dem Telefon in der Nähe, da denke ich auch an den Dienst der Mitarbeiter in der Telefonseelsorge, die in der Nacht die meisten Anrufe bekommen, gut auch ebenso zu wissen, dass es aufmerksame Nachbarn gibt.
Es braucht Menschen, die für andere im Einsatz sind ? sie sind die Engel der Nacht.
Vor dem Licht des langsam erwachenden neuen Tages, liegen die Stunden der Dunkelheit. Der alte Tag ist vergangen, der neue hat noch nicht begonnen ? es ist die Zeit dazwischen.
Die Zwischenzeit ist eine besondere Zeit.
Zwischen dem nicht mehr und noch nicht, liegen die Stunden der Ruhe, des Abschieds vom vergangenen, zurücklassen was war und Kraft schöpfen für das Neue.
?Manchmal ist es bis zum anderem Ufer der Nacht wie ein lichtloser Tunnel, ein nicht enden wollender Schacht.? ? wie es in einem Liedtext von Reinhard Mey klingt.
Es sind die Stunden, die sich sehr auswirken auf das Kommende.
Eine ruhige Nacht gibt Kraft für den neuen Tag.
Eine durchwachte Nacht ersehnt den Morgen und lässt Gedanken der Nacht zu Entscheidungen reifen.
Eine durchlittene Nacht überschattet den nächsten Tag.
Im Kirchenjahr sind wir jetzt auch in einer Zwischenzeit, zwischen Ostern und Pfingsten.
Die Jünger Jesu haben Abschied nehmen müssen von Jesus, die Leiderfahrung des Karfreitag sitzt tief und die Osterbotschaft hat ihr Herz noch nicht erreicht, bewegt sie nicht im Innersten.
Bevor es Pfingsten wird und die Kraft Gottes ihren Kleinmut wieder entzündet, fragen sie sich: wie geht es weiter, wo geht es hin? Ihnen fehlt das Licht auf dem Weg, das sie leitet und führt. Jesus sprach davon, er ist das Licht auf dem Weg, das Licht der Welt.
Wo geht es lang? Im Psalm 119 haben wir eine Antwort auf diese immer aktuelle Frage gelesen und gebetet.
?Gott, Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.?
Wo geht es lang? Wohl ist das immer eine aktuelle Frage.
Die Suche nach Orientierung in den Herausforderungen des Lebens ist groß ? im privaten und gesellschaftlichen Bereich.
G-8 Gipfel, Flüchtlinge die in Europa ihre Zukunft suchen, Klimawandel, ????.
oder Fragen aus dem persönlichen Bereich:
ich kann nicht mehr in meinem Beruf so weiter machen wie bisher, wie hoch ist der Preis den ich zahle, um erfolgreich zu sein?, die Familie bricht auseinander uns fehlt es an Liebe füreinander????
?Gott, Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.?
Das heißt, eine richtige Antwort auf die Frage: wo geht es lang? ist das doch nicht.
Aber es ist ein eindeutiger Hinweis darauf, was uns auf unserem Lebensweg Orientierung geben kann: das Wort Gottes.
Und Jesus hat es verkörpert, deshalb ist die Sehnsucht nach seiner Nähe so groß.
Wohin geht mein nächster Schritt?
Ein Leben ohne Licht und Orientierung ist wie ein Irrgarten, wo ich weitergehe und nicht weiterkomme, wo ich mich im Kreis bewege. Es geht nicht richtig voran, nicht ohne Licht, nicht ohne Orientierung.
Gottes Wort ist eine Orientierung für das Leben ? klarer noch gesagt, es ist die Orientierung.
Gottes Wort als Lebenserfahrung in gedruckter Form niedergeschrieben in der Bibel.
Gottes Wort uns erzählt und vorgelebt von Eltern, Großeltern, Menschen die neben uns Tür an Tür leben, die mit uns arbeiten, die uns ?zufällig? begegnen.
Wir Menschen erwarten von Gott, dass er uns eine Perspektive für das Leben geben kann und will.Wegweisung für ein Leben, das sich nicht in der Dunkelheit verliert, nicht auf einen Abgrund zugeht, sondern ?von guten Mächten wunderbar geborgen ist?.
Gottes Wort als Leitschnur an der wir uns ausrichten.
Gottes Wort, das uns in schwierigen und dunklen Zeiten durchträgt, und wenn es uns gut geht zur Dankbarkeit führt.
Der Psalm 119 ist ein Lob und Dankpsalm, er preist die Herrlichkeit Gottes und hat im Ganzen 176 Verse. Wunderbare Sätze, in denen wir einem Menschen begegnen der das geschrieben hat, der sein Leben gern hat. Der Lebenshöhen und Lebenstiefen erlebt hat, Gottes Nähe und Gottes Ferne.
Der sich an Gottes Wort, seine Gebote hält und daraus die Orientierung gefunden hat.
Unsere Nähe zum Wort Gottes lässt uns unseren Weg finden ? den nächsten Schritt. Manchmal ist es nicht mehr als der nächste Schritt, und dieser ist so wichtig.
Gottes Wort ist nicht blendend hell und erleuchtet nicht den ganzen Weg über alle Ecken und Weggabelungen hinweg, es ist wie der Schein der Lampe der Nachtwächter, ich kann damit den nächsten Schritt gehen. Diesen einen, vielleicht entscheidenen Schritt. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Und so empfiehlt auch der Liederdichter Paul Gerhardt:
„Befiehl du deine Wege und was dein Herze kränkt
der allertreusten Pflege, des der den Himmel lenkt.
Der Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn
Der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann“
Paul Gerhardt´s Lampe, die Licht gab für die nächsten Schritte, war das Gottvertrauen. Beeindruckend, wie er mit Gott im Gespräch blieb im persönlichen Leid, sein Ringen um Gottes Wort,
der Glaube der hart auf die Probe gestellt wurde und wie daraus Liedtexte erwuchsen, die in der Glaubwürdigkeit und bildhaften Sprache Segen verbreiten.
?Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.?
Wenn Gott uns Licht ist auf dem Weg des Lebens, dann ist es an uns, die Augen aufzumachen, nach links und rechts zu blicken und wahrzunehmen, was um uns herum geschieht.
Darauf zu achten, wo wir aufgefordert sind, uns zu engagieren.
Wem Licht geschenkt ist, der soll nicht mit geschlossenen Augen durch die Welt stolpern. Wer Sehend ist, der hat eine Verantwortung für die Gestaltung von Zukunft, Verantwortung für das Allgemeinwohl.
Die Bindung an Gottes Wort hilft zum Leben, hilft meinem Leben und dem Leben neben mir. Fertige Antworten auf die vielen Fragen unserer Gegenwart gibt es nicht, doch das Licht für den nächsten Schritt.
Wie der Nachtwächter und Türmer in seinen Ursprüngen in der Verantwortung für die Nächsten seinen Dienst versah, in einem Auftrag handelnd, gibt Gott uns einen Auftrag mit für unsere Zeit, für die Gestaltung der Gegenwart.
Und so ist das Treffen der Nachtwächter und Türmer aus 7 Ländern eine dankbar erlebte Gemeinschaft über Länder-und Sprachgrenzen hinweg. Ein Zeichen für die Gestaltung von Zukunft, wo Verschiedenheit bereichernd wirkt und die Pflege des Erbes der Nachtwächtern und Türmer im Dienst für das Allgemeinwohl positive Impulse setzt für die Gegenwart.
Gottes Wort macht sehend und ist lebendig. Ihm können wir begegnen und es als Licht in unser Leben leuchten lassen.
Licht aus ? Lampe an, aber bitte so, dass wir unser Licht nicht unter den Scheffel stellen. Amen
Predigtlied: Die güldne Sonne 449, 1+4
Pfarrer Olaf Beier, Lübben